Weniger ist mehr: Arme, Schulter und Nacken schonend bewegen.

Das Auffallendste an Tai Ji sind die eleganten Armbewegungen und doch sind diese – wenn richtig ausgeführt – keine Armbewegungen! Die Prinzipien von Tai Ji geben einfache und wichtige Hinweise zur korrekten Haltung und Bewegung und wer diese lernt, spürt wie entlastend diese Art der Bewegung sein kann. Da Tai Ji ein Kampfsport ist, kann man diese Prinzipien in erster Linie als kraft- und effizienzsteigernde Vorschläge verstehen. Doch wenn man diese Bewegungskunst bis ins hohe Alter praktizieren will, ist man froh dass diese Prinzipien auch darauf zielen, unsere Gelenke zu schonen und unsere Energie möglichst gewinnbringend einzusetzen.

Folgende Bewegungsprinzipien entlasten unsere Arme, Schultern und Nacken:

song jian chuí zhou –  Schultern entspannen und Ellenbogen sinken lassen

In der «anstrengenden Langsamkeit» spürt man schnell am oberen Teil des Trapez-Muskels (pars descendens) dass das Gewicht der Arme vom Nacken gehalten wird. Oompf das kann belasten … und auch erschöpfen – die meisten Teilnehmer wollen hier aufgeben und ihre Arme fallen lassen. Doch muss es nicht so anstrengend sein!

Wieso ist es so schwerig, unsere Schultern zu entspannen? Man kennt das Problem mit den eigenen Schultern all zu gut, und weisst dass man sie «im Griff» bekommen soll. Doch so bald ich etwas machen soll oder will, springt meine Schulter hoch, um diese Aktion zu unterstützen! Es ist wie wenn die Schulter an einer narzisstische Persönlichkeitsstörung leidet… Zum Glück gibt zwei ganz einfachen Tricks, die Schulter zu entlasten: Arme tiefer halten und Ellenbogen sinken lassen.

1. Die Arme seitlich (alternativ nach vorne) gerade ausstrecken. Beginnen Sie mit Ihren Armen/Händen auf Brusthöhe. Bewegen Sie die gerade Arme langsam einige Zentimeter weiter nach oben bis Sie merken, dass die Spannungen zwischen Schulter und Nacken zugenommen haben.

2. Dies war vielleicht ein ganz kleiner Höhenunterschied – aber es geht hier darum, den Unterschied spüren zu können.  Wenn Sie merken, dass Sie in der Armbewegung diese Grenze überschritten haben, können Sie jederzeit mit einer kleinen Senkung der Arme ihre Situation verbessern. So einfach!!

1. Die Arme seitlich gerade ausstrecken. Die Hände sind hier etwa auf Schulterhöhe, wenn nicht ganz wenig höher. Die Arme sind gestreckt. Fragen Sie sich wie lange Sie in dieser Position ausharren möchten.

2. Die Ellenbogen dann ein paar Centimeter hängen lassen (obwohl die Hände auf der gleichen Höhe bleiben). Sie spüren sofort, wie sich Schulter- und Nackenmuskulatur entspannen. Vielleicht merken Sie dass sie in dieser neuen Position jetzt wieder Kraft und Ausdauer hätten! – Dies wäre die richtige Armhaltung für Tai Ji und auch im Alltag. So einfach!!

chu chu you hu xing überall bogenförmig sein

Damit gemeint ist eine Haltung ohne Anspannung – besonders im Bereich der Gelenke. Zum Beispiel bei den Händen: Wenn ich z.B. meine Hände locker halte (dH Handgelenk, Handfläche und Finger) dann nehme ich weniger Spannung im Schulterbereich wahr. Eine entspannte Hand hätte eine runde Form – bei der Anspannung der Finger wäre alles gerade. Wie halten Sie ihre Hände? Ausprobieren!

1. Die Arme nach vorne gerade ausstrecken. Hände/Arme sind etwa auf Brusthöhe. Spannen Sie ihre Finger an (nicht die Arme!), und lassen Sie wieder los. Wiederholen.

2. Wenn die Hände angespannt sind können Sie eine feine Zunahme der Schulterspannung wahrnehmen. Das Faszialgewebe in den Armen zwischen den Fingerspitzen und den Schultern wird gestreckt. Sie können diese leichte Spannung mit ihrer Handhaltung beeinflüssen. Also …. beobachten Sie ihre Handspannung in der Bewegung / im Alltag und versuchen Sie diese immer wieder loszulassen.  So einfach!!

Und so haben wir drei einfache Haltungskorrekturen, die unsere Schulter und Nacken entlasten, und uns mehr Kraft, Ausdauer und Grazie verleihen:

1. Die Arme nicht zu hoch halten.
2. Den Ellenbogen-Trick anwenden.
3. Lockere Handhaltung.

Das Haltungsprinzip «überall bogenförmig sein» hat weitere Anwendungen – auch bei der Rumpfhaltung. Wenn ich meine Arme auf Brusthöhe hebe und so halte, wie wenn ich einen grossen Ball halten/umarmen würde und mir die Form des Balls an den Handinnenflächen, Arminnenseiten und auch an der Brust vorstelle, dann könnte ich mir auch eine runde, leicht konkave Brusthaltung vorstellen und machen. Dies wäre genau das Gegenteil einer stolzen, kräftigen, «Armee-Brust»! Doch beim leichten Einfallen der Brust spürt man, wie sich die Schulterblätter von der Wirbelsäule weg bewegen können und auch wie der obere hintere Rückenbereich sich entspannt – ein herrliches Gefühl!

Es ist ein hohes Ziel für Tai Ji Praktizierende, diese entspannte runde/konkave Brusthaltung zu bewahren während man eine Tai Ji Form ausübt. Übung macht den Meister!